Einen sonnigen Herbstspaziergang mit meinen Augen machen
Ich gehe durch die Stadt. Im Schatten, welchen man fühlt, weht ein leichter, kühler Wind. Die Autos fahren wie immer. Jedoch Motorräder hört man weniger. Durch den Park geht man manchmal auf rollenden Kastanien, wenn ich eine genau unter meinen Füßen spüre, so bücke ich mich, hebe Sie auf und freue mich über die glatte, fast speckige Frucht. Sie fühlt sich so glatt und gut an. Aus Erinnerungen weiß ich genau wie sie aussieht. Schnell in meine Tasche gesteckt, sie wird meinen Herbstteller auf dem Esszimmertisch schmücken. Weiter geht es Richtung Wasser, weg vom Lärm und der Betriebsamkeit der Stadt. Unter meinen Füßen ist jetzt Schotterweg. Mein Blindenstock rollt zwar nicht mehr so gut, dafür habe ich nun aber einen genau fühlbaren Unterschied zwischen Weg und Gras, das macht es leichter. Ich kann entspannen. Da hört man ein paar vorwitzige Vogerl, der Wasserfall rauscht wunderschön. Das Rascheln der Blätter – herrlich. Ich bücke mich. Blätter, die wahrscheinlich noch bunt oder grün sind, die fühlen sich so lebendig an und ein paar Blätter, die schon leicht trocken sind, die sind härter und teilweise zerbröseln sie. Auch die werden gesammelt für den Herbstteller. Alles riecht feucht und leicht modrig, eben nach Herbst. Was ist das? Ahhh, da gibt es ja einen Baum mit Eicheln, na schwuppdiwupp ihr dürft auch mitgehen. Ich bin am Ende des Schotterweges angelangt. Der Asphalt beginnt. Die Stadt hat mich wieder. Ich muss mich konzentrieren, denn da gibt es viele Autos und die sind bekanntlich stärker als ich und wir wollen uns ja nicht wehtun.
Abschluss in meinen Lieblingskaffee. Ich höre ein Stimmengewirr, bin glücklich und zufrieden. Am liebsten würde ich euch Sehende mal einladen. Lernt meine Welt kennen. Geht mit einer vertrauenswürdigen Person durch den Herbst, schließt die Augen und Ihr werdet staunen, was Ihr alles Neues entdeckt.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche im Leben bleibt den Augen verborgen. - Saint-Exupéry
Text: Susanne Breitwieser (honorarfrei)